• SCHLAUER KOCHEN OHNE MÜLL

    Schlauer kochen ohne Müll

    Mehr als 18 Millionen Nahrungsmittel landen in Deutschland jedes Jahr im Müll. Ein Desaster. Deswegen ist die Zero-Waste-Philosophie auf dem Vormarsch. Und Sophia Hoffmann eine ihrer Vorreiterinnen.

    Sie macht sich für Nachhaltigkeit und gegen Lebensmittelverschwendung stark - als vegane Köchin, Kochbuchautorin und Unternehmerin. Auch in ihrem neuen Werk » Zero Waste Küche" (ZS Verlag, € 24.90) zeigt sie uns neben Rezepten eine Fülle von Möglichkeiten, bewusster zu konsumieren und Abfall zu vermeiden: vom Einkauf über die Verwertung bis zur Lagerung.

    Zero waste Küche von Sophia Hoffmann

    IHR BUCH IST MEHR ALS »NUR« EIN KOCHBUCH, SIE BESCHREIBEN ES ALS IHRE »PERSONAL COOKING PHILOSOPHY«. WAS STECKT DAHINTER UND WAS MÖCHTEN SIE DAMIT ERREICHEN?
    Erst beim Schreiben dieses Buches ist mir so richtig klar geworden, dass man gegen Lebensmittelverschwendung nur ankommt, wenn man Wertschätzung empfindet. Wer bewusst auswählt, schmeißt auch weniger leicht Essen weg. Leider herrscht in unserer Überflussgesellschaft die Meinung, Lebensmittel müssten vor allem billig und jederzeit im Überfluss vorhanden sein. Brot ist hier das perfekte Beispiel: Von einem der historisch bedeutendsten (Über-)Lebensmittel der Menschheit wurde es zu einem Wegwerfprodukt minderer Qualität.

    Jede fünfte Backware landet hierzulande im Müll. Das sind 1,7 Millionen Tonnen. Das entspricht der Ernte eines Ackers größer als die Fläche von Mallorca.

    Diese Verschwendung zieht enorme ökologische Folgekosten nach sich. Die Verringerung verschwendeter Nahrungsmittel zusammen mit der Müll-Reduktion ist eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit, denen wir uns gesamtgesellschaftlich stellen müssen. Klar ist hier auch die Politik gefragt, aber 40% wird in Privathaushalten weggeworfen. Da kann jeder von uns was dran ändern. Ich will einfach und greifbar vermitteln, wie man das in den eigenen vier Wänden umsetzen kann: Mit Lager- und Einkauftipps, Verwertungsideen und konkreten Rezepten. Und einem spannenden Informationsteil über Lebensmittel - denn Wissen ist das geheime Gewürz einer guten Köchin.

    WELCHE TIPPS KÖNNEN SIE MENSCHEN GEBEN, DIE SICH GENERELL FÜR DAS THEMA »ZERO WASTE« INTERESSIEREN, ABER NICHT SO WIRKLICH WISSEN, WO SIE ANSETZEN SOLLEN?
    Erstmal: Weniger einkaufen. Wir kaufen generell alle zu viel und haben immer Angst, dass uns das Essen ausgeht. Am besten nur so viel kaufen wie man selbst tragen kann (eine Tasche pro Person) und nach dem Einkauf überlegen, was zuerst verbraucht werden muss. Sich bewusst Zeit nehmen, Speisen zuzubereiten und Essen haltbar zu machen. Einlegen, Einkochen, Trocknen, Verwerten - da kann man auch toll seine Kinder mit einbeziehen. Ich profitiere bis heute davon, diese Dinge zuhause gelernt zu haben! Apfelmus kochen, Schokoladenpudding aus alten Osterhasen ... Zudem empfehle ich, uneingeschränkt Lebensmittel in Bio-Qualität zu kaufen, da die Belastungen mit Pestiziden und Antibiotika bei konventionellem Essen enorm sind und zudem der Umwelt schaden. Auf dem Markt oder im Bioladen, denn so minimiert man auch die Plastik-Umverpackungen. Wer regional-saisonal einkauft und ein bisschen plant, kann das auch mit kleinem Budget umsetzen.

    WELCHE LEBENSMITTEL EIGNEN SICH AM BESTEN ZUR WIEDERVERWERTUNG?
    Natürlich lassen sich alle Lebensmittel lecker verwerten, solange sie nicht von Schimmel oder Fäulnis befallen sind. Dieser Short Cuts funktionieren fast immer:
    Pürieren: Gekocht oder roh, zur Verwendung für Suppen/Soßen/Dips/Aufstriche/ Püree/Süßspeisen/Smoothie und Eiscreme.
    Zerkleinern: Ob geraspelt, geschnippelt, zerbröselt, zerstampft, roh, geröstet oder mariniert. Als Zugabe zu Salaten, Hauptgerichten, als Topping. Viele leicht müde Lebensmittel haben zerkleinert noch genug Frische zur Weiterverwendung.
    Trocknen: Kräuter, Gemüsechips, Früchte – ob in der heißen Sommersonne, im Dörrautomaten oder bei niedriger Temperatur im Backofen, eine aromatische Haltbarmachung.
    Einlegen: Süßsauer einlegen, einkochen zu Marmelade oder Kompott. Sirup draus herstellen.
    Einfrieren: Ob roh oder blanchiert, viele Lebensmittel lassen sich kurzfristig durch einfrieren länger haltbar machen, z.B. vor einer Reise oder nach einem Fest, wenn zu viel übriggeblieben ist.

    SIE SAGEN, MAN SOLL SICH BEIM ESSEN ZUBEREITEN WIEDER MEHR AUF SEIN BAUCHGEFÜHL VERLASSEN UND WENIGER AUF EINFLÜSSE VON AUSSEN. WIE MEINEN SIE DAS?
    Ich räume mit dem Mythos Mindesthaltbarkeitsdatum auf. Eine deutsche Familie hat vor kurzem unter wissenschaftlicher Aufsicht einen 18 Monate alten Joghurt verspeist - er war einwandfrei. Lebensmittel wie Senf, Ketchup und Co. halten jahrzehntelang, wir haben verlernt, unserem Bauchgefühl zu vertrauen und glauben blind, was auf der Verpackung steht obwohl es sich hier lediglich um eine Qualitätsempfehlung handelt. In den meisten Fällen merken wir sehr schnell wann Essen noch gut ist und wann wir es lieber kompostieren sollten.

    WIE KANN MAN IN ANDEREN BEREICHEN DES HAUSHALTS AUF ZERO WASTE UMSTELLEN? ZUM BEISPIEL BEIM PUTZEN?
    Die Werbung erzählt uns gerne, dass wir zwanzig verschiedene Putz-, Wasch- und Spülmittel benötigen, dabei eignen sich Essig und Zitronensäure super zum Entkalken und ein Universalreiniger macht Bad und Küche gleichfach sauber. Am Nachhaltigsten sind selbstgemachte Reinigungsmittel aus Essig, Zitronensäure, Soda, Natron und Kernseife. Dazu gibt es online super Anleitungen. Bei gekauften Reinigungsmitteln unbedingt darauf achten, ökologische zu benutzen, die aus pflanzlichen Rohstoffen bestehen und auf Chemikalien und Farbstoffe verzichten. Sie sind leichter abbaubar, gesundheitlich verträglicher, enthalten kein Mikro-Plastik und viele Hersteller verwenden recyceltes Verpackungsmaterial. In Unverpackt-Läden gibt es Reinigungsmittel zum Abfüllen.

    IHRE DREI LIEBLINGSREZEPTE?
    Brotlinge - ein Bratling als altbackenem Brot, im Grunde eine Frikadelle ohne Fleisch - simpel und köstlich. Der einfachste Kuchen der Welt - aus fünf Grundzutaten, die man eigentlich immer zuhause hat, lecker variierbar mit Früchten, Schokostückchen, Nüssen…der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Beeren-Joghurt-Eis - perfekt für die Beerenzeit - eine prima Verwendung für angematschte Beeren und Joghurtreste.

     

    Zero Waste Küche

    BROTLINGE MIT KNUSPRIGEN OFENPOMMES

    Ich persönlich finde ja das Wort »Bratling« immer so ein bisschen unsexy, habe aber auch noch keine alternative Wortschöpfung zum deutschen Pendant des »Patty« gefunden. Mit Brot allerdings wird er einfach zum Brotling.

    Menge
    2 PORTIONEN

    Zubereitungszeit
    40 MINUTEN

    ZUTATEN
    200 g altbackenes Brot in Scheiben oder Würfeln
    1 mittelgrosse Zwiebel oder 3–4 Frühlingszwiebeln
    3–4 EL Semmelbrösel
    optional 1 Handvoll Spinat / Rucola / Petersilie / Kapern / getrocknete Tomaten / Pilze / Oliven
    Salz, Pfeffer

    POMMES
    250 g Kartoffeln
    2 EL Pflanzenöl (Sonnenblumen, Raps)
    1 TL Paprikapulver
    1 EL Polenta
    Salz, Pfeffer
     

    Den Backofen auf 200 °C Ober / Unterhitze vorheizen. In einem Wasserkocher Wasser zum Kochen bringen. Das altbackene Brot in einer Schüssel mit Wasser übergießen, sodass alles gut bedeckt ist. Je nach Größe der Brotstücke 5–10 Minuten aufweichen lassen. Die Kartoffeln waschen, wenn sie aus Bio-Anbau sind, kann die Schale dranbleiben. Zuerst in Scheiben, dann in Stäbchen schneiden. Am einfachsten geht das, wenn man die Kartoffel auf das Brett legt und schaut, auf welcher Seite sie von selbst liegen bleibt. Die Kartoffelstäbchen zusammen mit dem Öl, dem Paprikapulver, der Polenta und etwas Salz und Pfeffer in einen Lebensmittelbehälter geben. Deckel drauf und gut durchschütteln.
    Auf einem Backblech verteilen und im Backofen bei 200 °C 10 Minuten backen. Anschließend mit einem Pfannenwender wenden und weitere 10 Minuten backen, bis die Pommes schon gebräunt und knusprig sind.
    In der Zwischenzeit die Brotlinge zubereiten. Dafür das eingeweichte Brot in einem Sieb abgießen. Zwiebeln/Frühlingszwiebeln schälen/säubern und fein würfeln. Zusammen mit den Semmelbröseln unter die Brotstücke kneten. Nach Belieben weitere fein gewürfelte Zutaten dazu kneten. Mit Salz, Pfeffer und beliebigen weiteren Gewürzen abschmecken. Wichtig ist, dass die Masse nicht zu feucht und formbar ist. Nach Bedarf mehr Semmelbrösel dazu geben, diese saugen die Feuchtigkeit auf. Patties formen. Diese in einer Pfanne mit genug Öl von beiden Seiten knusprig braten.
     

    TIPP
    Dazu passt frischer Salat, Pickles,
    Ketchup, Senf oder andere Saucen.

     

    Zero Waste Küche

    DER EINFACHSTE KUCHEN DER WELT

    Ja, ich liebe Superlative, vor allem dann, wenn sie stimmen! Dieser Kuchen besteht auf gerade mal 4 Grundzutaten, wenn man davon ausgeht, dass Wasser und Salz immer zu Hause vorhanden sind. Auf dieser Basis sind alle erdenklichen Variationen möglich. Auf diesem Foto seht ihr die Teigmenge zu vielen kleinen Küchlein ausgebacken mit:

    • Kakao und etwas Rum bzw. als Marmorkuchen
    • mit Matcha
    • mit Heidel- oder Himbeeren
    • mit Zitronenzesten und einigen Tropfen Lavendelöl

    Menge
    26 CM DURCHMESSER SPRINGFORM,
    EINE GUGELHUPFFORM
    ODER 12 MUFFINS

    Zubereitungszeit
    1 STUNDE

    ZUTATEN
    400 g Weizen- oder Dinkelmehl
    240 g Zucker
    1 Päckchen Backpulver
    1 Prise Salz
    180 ml mildes Pflanzenöl
    400 ml Wasser
    optional und je nachdem, was da ist Kakao, Matcha, Beeren,
    Zitronenzesten, …

    Den Backofen auf 180 °C Ober / Unterhitze vorheizen. In einer Schüssel das Mehl mit dem Zucker, dem Backpulver und dem Salz vermengen. In einer zweiten Schussel Öl und Wasser vermischen. Wenn ihr zusätzliche flüssige Geschmackszutaten wie Zitronensaft verwenden wollt, gebt diese mit in die flüssigen Zutaten. Mithilfe eines Handrührers die trockene Mischung in mehreren Schritten unter die feuchte Mischung arbeiten, nur so lange rühren, bis ein gleichmäßiger Teig entsteht.
    Weitere Zutaten wie Kakao, Beeren, Nüsse, Matcha jetzt unterheben. Den Teig in eine eingefettete Backform füllen und bei 180 °C 40–50 Minuten backen, bis beim Stäbchentest kein Teig mehr hängen bleibt. Dafür eine Stricknadel, ein Schaschlikstäbchen oder ein Essstäbchen in die Kuchenmitte pieksen.
    Kuchen abkühlen lassen und erst dann aus der Form stürzen.

     

    Zero Waste Küche

    BEEREN-JOGHURT-EIS

    Im Sommer häufig zu beobachten: Man kauft frische Beeren, schafft es nicht, alle auf einmal aufzuessen und schon am nächsten Tag werden sie häufig bereits matschig. Dabei hat man aber auch häufig noch so einen Rest (pflanzlichen) Joghurt im Kühlschrank, der kaum mehr für eine Portion Müsli reicht. Aus diesen beiden Zutaten kann ein herrliches Eis werden. Einfacher geht’s kaum. Entweder friert ihr die Beeren ein und püriert sie zusammen mit dem Joghurt direkt zu Frozen Yoghurt oder ihr zerkleinert beides bei Zimmertemperatur und füllt es anschließend in Eisförmchen. Beides super lecker, einfach und erfrischend.

    Menge
    6 EISFÖRMCHEN

    Zubereitungszeit
    5 MINUTEN
    + GEFRIERZEIT

    ZUTATEN
    150 g Beeren (Himbeeren, Brombeeren, Erdbeeren, Stachelbeeren, Johannis - beeren, Heidelbeeren)
    150 g (pflanzlicher) Joghurt
    nach Bedarf 2 EL flüssige Süßungsmittel (ich verwende Apfeldicksaft, es geht aber auch Ahornsirup o. A.)

    Nach Belieben ein paar ganze Beeren zur Seite legen, um den Frozen Yoghurt/das Stieleis damit zu dekorieren. Die restlichen Beeren und den Joghurt mithilfe eines Pürierstabs/einer Küchenmaschine zu einer cremigen Masse zerkleinern. Bei Verwendung gefrorener Beeren den Frozen Joghurt sofort weglöffeln. Fur Stieleis die Masse zusammen mit den ganzen Beeren in die entsprechenden Förmchen füllen und im Eisfach einige Stunden fest werden lassen.

    Fotos: Annabell Sievert
  • Comments on this post (0 comments)

  • Leave a comment